Sitz der Assisenhöfe
Der Assisenhof hat prinzipiell seinen Sitz in der jeweiligen Hauptstadt der verschiedenen Provinzen sowie im Verwaltungsbezirk Brüssel-Hauptstadt. Es gibt also 11 Assisenhöfe in Belgien: Antwerpen, Arlon, Brügge, Brüssel, Gent, Lüttich, Löwen, Mons, Namur, Nivelles und Tongern.
Der Assisenhof kann aufgrund einer Verfügung des ersten Präsidenten des Appellationshofes auch anderswo tagen, so auch in Eupen.
Kammern und Zusammensetzung
Der Assisenhof ist keine ständige Gerichtsbarkeit.
Er setzt sich jedes Mal zusammen, wenn ein Beschuldigter an den Assisenhof verwiesen wird.
Mehr Informationen über die Zusammensetzung dieser Gerichtsbarkeit finden Sie unter „Richterschaft“.
Staatsanwaltschaft
Die Staatsanwaltschaft wird am Assisenhof in der Regel durch den Generalprokurator des Appellationshofes, den Ersten Generalanwalt, einem Generalanwalt oder einem Staatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft vertreten.
Mehr Informationen über die Staatsanwaltschaft finden Sie unter „Staatsanwaltschaft“.
Kanzlei
Mehr Informationen über den Greffier und die Kanzlei finden Sie unter „Greffier“ und „Kanzlei“.
Zuständigkeiten
Der Assisenhof ist zuständig für Verbrechen, politische Delikte und Pressedelikte.
Hier können Sie eine Broschüre über den Assisenhof herunterladen (verfasst durch den F.Ö.D. Justiz).
Der Assisenhof ist ebenfalls zuständig für Pressedelikte.
Die Gesetzgebung sieht ebenfalls keine Definition des Pressedelikts vor.
Die Rechtsprechung und Rechtslehre beschreiben ein Pressedelikt als „die Äußerung einer kriminellen Idee oder Meinung in einem Text, der mittels Presse oder einem ähnlichen Verfahren wiedergegeben wird und eine wirksame Veröffentlichung der kriminellen Schrift erfolgt.“
Der Assisenhof ist zuständig für die schwersten Straftaten, wie Totschlag oder versuchter Totschlag, Mord oder versuchter Mord, Geiselnahme mit Todesfolge, schwere Sittendelikte, usw.
Konkret ist der Assisenhof zuständig für nicht korrektionalisierte Verbrechen. Letztere sind Verbrechen, für die im Vorfeld keine mildernden Umstände angenommen wurden.
In der Praxis werden viele Verbrechen korrektionalisiert aufgrund von mildernden Umständen und dann vor dem Korrektionalgericht verhandelt. Korrektionalisierte Verbrechen werden mit einer Gefängnisstrafe von mindestens 5 Jahren bestraft.
Der Assisenhof ist ebenfalls für politische Delikte zuständig.
Eine politische Straftat ist eine Straftat, die sowohl durch ihre Motivation als auch durch ihre Wirksamkeit einen direkten Anschlag auf staatliche Einrichtungen darstellt.
Die belgische Gesetzgebung sieht keine ausdrückliche Definition für die politische Straftat vor und erklärt dementsprechend nicht, was man genau darunter versteht. Da sich der Begriff ständig entwickelt, zeigt die Rechtsprechung und die Rechtslehre, was unter einem politischen Delikt zu verstehen ist.
Der Präsident steht an der Spitze mehrerer Friedens- und Polizeigerichte, eines Arbeitsgerichts, eines Gerichts Erster Instanz, oder eines Unternehmensgerichts. Des Weiteren gibt es einen Präsidenten am Kassationshof, der in der Hierarchie unter dem Ersten Präsidenten des Kassationshofes steht, sowie einen Präsidenten am Assisenhof.
Der Präsident übt in den verschiedenen Gerichtsbarkeiten eine leitende Funktion aus.
Die Gerichte Erster Instanz, Unternehmens- und Arbeitsgerichte sind hierarchisch strukturiert.
Das Gericht Erster Instanz setzt sich wie folgt zusammen:
- ein Präsident
- je nach Fall, kein, ein oder mehrere Abteilungspräsidenten
- ein oder mehrere Vizepräsidenten
- ein oder mehrere Richter(n).
Das Unternehmensgericht setzt sich wie folgt zusammen:
- ein Präsident
- ein oder mehrere Abteilungspräsidenten (außer bei Gerichtsbarkeiten ohne Abteilungen)
- ein oder mehrere Vizepräsidenten (je nach gesetzlichem Stellenplan)
- Richter (Berufsmagistraten)
- Unternehmensrichter, die unter sich einen Präsidenten der Unternehmensrichter bestimmen (keine Berufsmagistraten).
Das Arbeitsgericht setzt sich wie folgt zusammen:
- ein Präsident
- je nach Fall, kein, ein oder mehrere Abteilungspräsidenten
- ein oder mehrere Vizepräsidenten
- ein oder mehrere Richter
- mehrere Sozialrichter (keine Berufsmagistraten).
Der Präsident wird durch einen oder mehrere Abteilungspräsidenten beigestanden und ist mit der allgemeinen Leitung des Gerichts bezeichnet.
Der Abteilungspräsident nimmt unter der Autorität des Präsidenten die tägliche Leitung des Gerichts wahr und besitzt eine Reihe von spezifischen Zuständigkeiten.
Er kann bei der Leitung und Organisation durch einen oder mehreren Vizepräsidenten beigestanden werden.
N.B.: Im Gerichtsbezirk Eupen werden das Gericht Erster Instanz, das Unternehmensgericht, das Arbeitsgericht, die Friedensgerichte und das Polizeigericht durch den Präsidenten des Gerichts Erster Instanz geleitet.
Der Kassationshof setzt sich wie folgt zusammen:
- der Erste Präsident
- der Präsident
- die Kammerpräsidenten
- die Gerichtsräte.
Seit der gerichtlichen Reform von 2013 gibt es ebenfalls einen Präsidenten der Friedensrichter und Richter beim Polizeigericht. Er ist innerhalb eines Gerichtsbezirks für die Leitung, Koordinierung und Organisation der Friedens- und Polizeigerichte zuständig.
Die Friedens- und Polizeigerichte setzen sich wie folgt zusammen:
- ein Präsident für alle Friedens- und Polizeigerichte in einem Gerichtsbezirk
- ein Vizepräsident, der selbst Richter beim Polizeigericht ist, falls der Friedensrichter Präsident ist, oder umgekehrt
- die Friedensrichter und Richter beim Polizeigericht.
Der Assisenhof wird von einem Magistraten des Appellationshofes geleitet, der beigestanden wird von zwei Richtern des Gerichts Erster Instanz des Gerichtshofbereichs, in dem der Assisenhof tagt.
Der Assisenhof setzt sich aus drei Berufsmagistraten zusammen: ein Präsident (Mitglied des Appellationshofs) und zwei Beisitzer (Mitglieder des Gerichts Erster Instanz).
Der Generalprokurator leitet die Staatsanwaltschaft beim Kassations-, Appellations- und Arbeitsgerichtshof.
Es gibt einen Generalprokurator beim Kassations-, beim Appellations- und beim Arbeitsgerichtshof.
Der Generalprokurator ist der höchste Magistrat bei der Staatsanwaltschaft (der Dienst wird Generalstaatsanwaltschaft genannt).
Bei der Generalstaatsanwaltschaft am Kassationshof wird er beigestanden durch Generalanwälte, bei der Generalstaatsanwaltschaft am Appellationshof durch Generalanwälte und Staatsanwälte bei der Generalstaatsanwaltschaft und beim Generalauditorat am Arbeitsgerichtshof durch Generalanwälte und Staatsanwälte beim Generalauditorat.
Die Bezeichnung „Generalprokurator“ wird also für verschiedene Funktionen verwendet:
- Leiter der Generalstaatsanwaltschaft beim Kassationshof
- Leiter der Generalstaatsanwaltschaft beim Appellations- und Arbeitsgerichtshof. Der Generalprokurator ist dieselbe Person beim Appellations- und beim Arbeitsgerichtshof.
Beim Assisenhof wird das Amt der Staatsanwaltschaft durch den Generalprokurator des Appellationshofes oder durch den Ersten Generalanwalt, einen Generalanwalt oder einen Staatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft am Appellationshof ausgeübt.
Der Erste Generalanwalt ist der Magistrat, der in der Hierarchie direkt unter dem Generalprokurator steht.
Der Generalprokurator leitet die Generalstaatsanwaltschaft und das Generalauditorat.
Bei der Generalstaatsanwaltschaft wird der Generalprokurator beigestanden durch einen Ersten Generalanwalt, Generalanwälte und Staatsanwälte bei der Generalstaatsanwaltschaft.
Beim Generalauditorat wird der Generalprokurator beigestanden durch einen Ersten Generalanwalt, Generalanwälte und Staatsanwälte beim Generalauditorat.
Der Generalanwalt ist ein Mitglied der Staatsanwaltschaft beim Kassations-, Appellations- oder Arbeitsgerichtshof.
Bei der Generalstaatsanwaltschaft wird der Generalprokurator beigestanden durch einen Ersten Generalanwalt, Generalanwälte und Staatsanwälte bei der Generalstaatsanwaltschaft.
Beim Generalauditorat wird der Generalprokurator beigestanden durch einen Ersten Generalanwalt, Generalanwälte und Staatsanwälte beim Generalauditorat.
Der Staatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft ist ein Magistrat der Staatsanwaltschaft beim Appellationshof.
Der Greffier steht dem Richter bei der Ausübung seiner gerichtlichen Funktion bei.
Der Greffier verrichtet die Aufgaben der Kanzlei und steht dem Richter bei all seinen Amtshandlungen bei.
Die Anwesenheitsregel erfährt nur eine Ausnahme, wenn der Greffier aufgrund der Dringlichkeit nicht anwesend sein kann.
Der Greffier hat folgende Aufgaben:
- er gewährt die Zugänglichkeit der Kanzlei für die Öffentlichkeit
- er führt die Buchhaltung der Kanzlei
- er erstellt die Urkunden, mit denen er beauftragt ist, bewahrt die Urschriften, die Register und alle Urkunden des Gerichts, bei dem er angestellt ist, auf und stellt von diesen Schriftstücken Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften aus
- er bewahrt die Dokumentation über Rechtsvorschriften, Rechtsprechung und Rechtslehre für die Richter auf
- er erstellt Tabellen, Statistiken und andere Unterlagen, mit denen er in Anwendung des Gesetzes oder der Erlasse beauftragt ist; er führt die Register und Verzeichnisse
- er bewahrt die Wertpapiere, Unterlagen und Gegenstände auf, die aufgrund des Gesetzes bei der Kanzlei hinterlegt werden
- er ergreift die geeigneten Maßnahmen, um alle Archive, deren Verwaltung ihm obliegt, ordnungsgemäß aufzubewahren, um sie zu ordnen und zu inventarisieren, ungeachtet ihrer Form, ihrer Struktur und ihres Inhalts.
Der Greffier steht ebenfalls dem Richter bei:
- er bereitet die Aufgaben des Richters vor
- er ist anwesend bei den Sitzungen
- er führt Protokoll über den Verlauf der Gerichtsverfahren und die Entscheidungen
- er beurkundet die verschiedenen Formalitäten, deren Ausführung festgestellt werden muss, und verleiht ihnen Echtheit
- er arbeitet die Verfahrensakten aus und achtet, im Rahmen seiner Befugnisse, auf die Einhaltung der geltenden Regeln.
In jedem Gericht gibt es einen oder mehrere Greffier(s) (Friedensgericht, Polizeigericht, Gericht Erster Instanz, Unternehmensgericht, Arbeitsgericht, usw.).
Ein Rechtsanwalt leistet Beistand und tritt in juristischen Angelegenheiten meistens als Vertreter einer Partei auf.
Mehr Informationen über die Rolle des Rechtsanwalts finden Sie auf der Internetseite der Kammer der französischsprachigen und deutschsprachigen Rechtsanwaltschaften: (AVOCATS.BE).
Auf dieser Seite finden Sie Informationen über die Aufgaben eines Rechtsanwaltes und dessen Honorare sowie über die Art und Weise auf welche Sie einen Anwalt auswählen können.
In Belgien gibt es verschiedene Rechtsanwaltskammern:
- die Rechtsanwaltskammer in jedem Gerichtsbezirk, außer in Brüssel, wo es eine französischsprachige und eine niederländischsprachige Rechtsanwaltskammer gibt
- die Rechtsanwaltskammer beim Kassationshof
- die Kammer der flämischen Rechtsanwaltschaften und die Kammer der französischsprachigen und deutschsprachigen Rechtsanwaltschaften.
Schließlich gibt es noch einen Föderalen Rat der Rechtsanwaltschaften.
Der Föderale Rat der Rechtsanwaltschaften setzt sich aus zehn Mitgliedern zusammen, von denen fünf von der Kammer der französischsprachigen und deutschsprachigen Rechtsanwaltschaften und fünf von der Kammer der flämischen Rechtsanwaltschaften für einen einmal erneuerbaren Zeitraum von zwei Jahren beauftragt werden. Den Vorsitz des Rats führt der Präsident der Rechtsanwaltskammer beim Kassationshof.
Ein Rechtsanwalt muss mindestens zehn Jahre bei der Rechtsanwaltskammer eingetragen sein und die von der Rechtsanwaltskammer beim Kassationshof organisierte Prüfung bestanden haben, um vom König als Rechtsanwalt beim Kassationshof ernannt werden zu können. Es gibt nur eine geringe Anzahl Rechtsanwälte beim Kassationshof.
Der Assisenhof wird von einem Geschworenenkollegium beigestanden, das sich aus 12 Bürgern zusammensetzt, die durch Auslosung bestimmt werden.
Um auf der Geschworenenliste aufgeführt zu werden, muss man gewisse Bedingungen erfüllen, so:
- im Wählerregister der gesetzgebenden Kammern eingeschrieben sein
- bürgerliche und politische Rechte besitzen
- zum Zeitpunkt der Erstellung der Gemeindelisten das 28. Lebensjahr vollendet haben und nicht älter als 65 Jahre sein
- lesen und schreiben können
- zu keiner Gefängnisstrafe von mehr als vier Monaten, zu keiner Strafe unter elektronischer Überwachung von mehr als vier Monaten, zu keiner Arbeitsstrafe von mehr als 60 Stunden oder zu keiner autonomen Bewährungsstrafe von einem Jahr oder länger verurteilt worden sein.
Die allgemeine Geschworenenliste wird alle vier Jahre aus den Gemeinde- und Provinziallisten erstellt.
Durch Auslosung einer Anzahl Namen (mindestens 60) von der allgemeinen Geschworenenliste wird pro Angelegenheit eine spezifische Geschworenenliste erstellt.
Für mehr Informationen und Erklärungen über den Assisenhof beziehungsweise das Geschworenenkollegium, klicken Sie hier.